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ein Platz für die Geister

Autorenbild: Ye-Soon und HorstYe-Soon und Horst

Aktualisiert: 23. Okt. 2019



San Phra Phum - mögen die Geister schön bei uns wohnen

Sie sind in ganz Thailand und generell in Südostasien fester Bestandteil der alten Naturreligion: Die sogenannten Geisterhäuser (Thailändisch: San Phra Phum). Sobald man ein Stück Erde bebaut, müssen die bisher dort heimischen Naturgeister einen alternativen Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommen, sonst irren sie heimatlos umher und rächen sich an den menschlichen Bewohnern - so der Glaube. Daher verwundert es auch nicht, dass diese Geisterhäuser wesentlich schmuckvoller und aufwändig dekoriert neben den eher schlichten Menschenhäusern stehen, damit die Geister auch einen Anreiz finden, um dorthin umzuziehen. Dabei ist es auch nicht egal, wo dieses Häuschen auf dem Grundstück platziert wird. Das Geisterhaus darf den ganzen Tag über nie im Schatten des Menschenhauses stehen, das würde die Naturgeister beleidigen oder sogar erzürnen. Nicht nur auf nahezu allen privaten Grundstücken finden sich diese Ausweichquartiere für die Geister, sondern auch in den Städten und sogar innerhalb buddhistischer Tempel-Anlagen. Auch hier zeigt sich der Buddhismus mehr als tolerant gegenüber den viel älteren und tief verwurzelten Natur-Religionen. Zur Auswahl des richtigen Standortes wird daher auch ein Priester oder ein Schamane auf das Grundstück bestellt, der den richtigen Ort für das Haus bestimmt. Weicht man von dieser Empfehlung ab, fällt man bei den Geistern bereits wieder in Ungnade.

Selbst in der modernen Architektur findet man in Asien immer wieder spezielle Konstruktionen, deren Sinn sich erst in diesem Zusammenhang erschliesst.


Der Chongno-Tower in Seoul - freier Flug für Drachen

So gibt es Hochhäuser mit riesigen Löchern in der Fassade, damit Drachen hindurch fliegen können. Oder schraubenförmige Wolkenkratzer, damit die dort entstehenden Aufwinde die ansässigen Luftgeister in die Höhe tragen.


auch die Geister feiern gerne - hier ist was los!

In den Geisterhäusern finden sich wie in Puppenhäusern auch kleine bunte Figürchen und oftmals auch Tiere wie Elefanten, um den Geistern in ihrem Haus Gesellschaft und Zerstreuung bereit zu stellen. Ich habe auch schon kleine Plastik-Fernseher in diesen Häuschen stehen sehen - die Geister gehen mit der Zeit.

Die Formen, Farben und Verzierungen der Geisterhäuser sind so vielfältig wie die Geisterwelt selbst. Man muss also zudem aufpassen, dass man dem anwesenden Geist auch das richtige Häuschen anbietet. Grob gesagt gibt es hauptsächlich Elementargeister, vorrangig Himmels- und Erdgeister. In der Regel werden auf den Grundstücken die Erdgeister zum Umzug gezwungen, so dass eine kleine Leiter vom Erdboden bis zum Haus hinauf führt. Dieses selbst steht immer auf einem Sockel. Die Häuser für die Luftgeister stehen etwas höher, meist höher als die Menschen gross sind. Hier können die Geister ohne Hindernisse einfliegen und kommen nicht mit den Erdgeistern im niedrigeren Haus in Berührung. Jedes Geisterhaus wird von einem Schamanen oder Priester in einem Ritual der Bestimmung übergeben und die Geister werden formell zum Einzug eingeladen. Ist dies erfolgreich geschehen, werden die Bewohner des Menschenhauses von Schabernack und Alpträumen verschont, bleiben gesund und haben in den nahe wohnenden Geistern mächtige Bewacher für ihr Grundstück. Doch mit dem Einzug der Geister folgen auch Pflichten für die Menschen: Die Geister erwarten regelmässige Zuwendung und Geschenke, um sich auf Dauer in den Häusern wohl zu fühlen. So sieht man an jedem Häuschen frische Blumen oder Girlanden, eine kleine Schale Reis oder für die Erdgeister auch mal ein Glas Alkohol. Luftgeister dürfen keinen Alkohol bekommen - ihnen wird dann wohl die Fluglizenz entzogen :-). All dies ist natürlich täglich frisch anzubieten, um die Geister nicht zu beleidigen oder gar zum Auszug zu bewegen.


Wir finden diesen Umgang mit den Naturwesen des Ortes sehr respektvoll und beispielhaft. Durch das Geisterhaus ist man quasi gezwungen, sich mindestens einmal täglich bei den wohlwollenden Energien zu bedanken, sich mit ihnen zu beschäftigen und vielleicht sogar in innerer Einkehr beim morgentlichen Blumenwechseln selbst zu innerer Ruhe zu finden. Ein Aspekt, der in unserer westlichen Welt nur ganz selten ausreichend gewürdigt wird. In Thailand stellen die Figürchen in den Häusern daher auch oft eigene Ahnen oder Verwandte dar, die somit auch einmal täglich in Erinnerung gerufen werden.


Die an die Geister gespendeten Gaben wie Reis, Süssigkeiten und Schnaps sind übrigens nicht verloren - denn was die Geister nicht physisch selbst konsumieren, dürfen wir selber vernichten. Wir freuen uns auf unser Geisterhaus, das unser festes Heim dann zieren und Dank unserer Zuwendung die guten Geister hoffentlich bei Laune halten wird.

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